Kein Vorwort

kann den Titel dieses Buches ausreichend erklären. Dieses wird es immerhin versuchen. Ich will keine Märchen erzählen, berufe mich dennoch auf eine Begriffsbestimmung der Gebrüder Grimm. Sie bezeichnen in ihrem Wörterbuch Sagen als kurze Erzählungen, die „Kunde von Ereignissen der Vergangenheit“ geben, „welche einer historischen Beglaubigung“ entbehren und die „naive Geschichtserzählung und Überlieferung“ sind und die außerdem „bei ihrer Wanderung von Geschlecht zu Geschlecht durch das dichterische Vermögen des Volksgemüthes umgestaltet“ wurden. Die Bedingung mit dem Volksgemüt ist bei mir, muss ich zugeben, nicht erfüllt. Ich bin kein Volk und ob ich dichterisches Vermögen habe bleibt dahingestellt. Was ich den geneigten Leserinnen und Lesern erzählen will, bezieht sich, und diese Eigenschaft macht meine Geschichten sagenhaft, auf tatsächlich überlieferte Sagen oder auf Orte, die in der realen Welt wirklich zu finden sind, zum Beispiel Stockerau, die größte Stadt des Weinviertels und der beurkundete Ort meiner Geburt.

Da meine momentanen Wohnorte Langenzersdorf und Pulkau sind, muss man auch die von mir frei erfundenen Texte als weinviertlerisches Gedankengut bezeichnen, selbst wenn sie sich auf Gegenden wie den Loch Ness, Korinth oder die Bischofsmütze beziehen. Dass der sagenumwobene Untersberg als Tatort in diesem Buch vertreten ist, erklärt sich dadurch, dass er mir damals, als mich in Salzburg die Schulbank drückte, im wörtlichen Sinne vor Augen stand. Der Bisamberg mit seiner Venus tut es noch, über die Stockerauer Bergwelt konnte ich bis dato nichts Sagenhaftes in Erfahrung bringen.

Wien, die natürlich gewachsene Hauptstadt Niederösterreichs, war meine berufliche Heimat. Meine SchülerInnen, ich unterrichtete sie in naturwissenschaftlichen Fächern, kamen aber nicht nur aus den transdanubischen Bezirken Wiens, es waren auch viele WeinviertlerInnen darunter. Und da selbst der engagierteste Lehrer nicht rund um die Uhr, nicht rund ums Jahr, predigen kann, konnte es schon geschehen, dass mir an einem griechischen Strand Sagenhaftes entgegentrat oder dass mir schottische Musiker meine spärliche Freizeit mit mörderischem Gedudle vergällten. Meine Geschichten lassen also durchaus auch autobiografische Noten erkennen.

Ich hoffe mit meinen fantastischen Geschichten neues Leben in die Sagenwelt zu bringen.

 

Weinviertel, im Frühling 2019                                                                         Der Autor